Durch den Ausbau eines Ökonomieteils und den Ersatz eines Anbaus ist viel neues Leben in den Weiler Ziegelried oberhalb von Schüpfen eingezogen. Ein Bauernhaus von 1863 erweist sich als Nährboden für gemeinschaftliches Wohnen, nachhaltiges Bauen und viel Kreativität. Die Denkmalpflege hat die Umbauarbeiten begleitet.
Der Weiler Ziegelried liegt auf einer Hangterrasse oberhalb von Schüpfen, mit ungehindertem Ausblick ins Seeland. Wie überall hat auch in Ziegelried die Anzahl der aktiv bewirtschafteten Bauernhöfe abgenommen. So stand der Ökonomieteil des markanten Bauernhauses von 1863, direkt an der Kreuzung, seit einiger Zeit leer. Als das Bauernhaus zum Verkauf stand, nahmen die bisherigen Mieterinnen und Mieter des Wohnteils Kontakt mit weiteren jungen Familien auf, die teilweise schon seit einiger Zeit auf der Suche nach einem passenden Ort für gemeinschaftliches Wohnen waren. So entstand die Idee, den Ökonomieteil des Bauernhauses umzubauen und neu zu nutzen. Aus dieser Vision entwickelte sich die Wohnbaugenossenschaft «Amsel».
Innere Verdichtung
Die Wohngenossenschaft plante gemeinsam mit einem Architekten-Team den sorgfältigen Umbau des Ökonomieteils zu einer geräumigen Wohneinheit für drei Familien. Der historische Wohnteil des Bauernhauses, der noch viele original erhaltene Elemente aus dem 19. Jahrhundert aufweist, blieb dabei unberührt und bietet weiteren Wohnraum. Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung standen im Vordergrund: Wo möglich wurden Fundamente, Holz, Ziegel und andere Materialien weiterverwendet. Diese respektvolle Haltung gegenüber dem Bestand ist ein Ansatz, der auch denkmalpflegerischen Grundsätzen entspricht.
Neue Wohnformen
Die Idee des gemeinschaftlichen Wohnens führte zu innovativen, zukunftsweisenden Lösungen. Durch das Teilen von Bädern, Küchen und Gemeinschaftsräumen konnten Flächen eingespart werden. Eine Wendeltreppe bildet das Herzstück der inneren Erschliessung. Innerhalb der Grundstruktur entstanden flexible und teilweise doppelgeschossige Wohnungen, die individuell nutzbar sind und über eigene Zugänge zum Aussenraum verfügen. Zusätzlichen Aussenraum bietet die Laube im oberen Geschoss des Anbaus.
Nachhaltig in vielerlei Hinsicht
Bei den Bauarbeiten legten die vier Familien angeleitet von Handwerkern und Zimmerleuten selbst Hand an. Das gemeinsame Arbeiten, der Austausch und die kreativen Ideen in der «Bauhütte» festigten den sozialen Zusammenhalt der Gruppe. Die Wohnbaugenossenschaft setzte wo möglich und im Rahmen des Budgets umsetzbar auf heimische, umweltfreundliche und zukunftsorientierte Materialien: Neue Bauteile wurden aus Holz gefertigt, natürliche Kalk- und Lehmputze sowie Zellulose-Dämmungen kamen zum Einsatz. Das Projekt in Ziegelried zeigt, wie ökologische, ökonomische und soziale Grundsätze sinnvoll verwirklicht werden können – Ziegelried ist bereit für die Zukunft.
Fachwerk 2024: Nachhaltigkeit
Historische Bauwerke sind nicht nur Zeugnisse unserer Geschichte, sie sind auch Beispiele für bewährte und nachhaltige Praktiken: Sie basieren auf erprobten Konzepten, die zeigen, wie Gebäude, Siedlungen und Landschaften so gestaltet werden können, dass sie den ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Anforderungen einer nachhaltigen Entwicklung gerecht werden.
Im Magazin Fachwerk 2024 finden Sie viele spannende Beispiele, welche die Bezüge zwischen Baukultur und Nachhaltigkeit illustrieren. Das Magazin erscheint in gedruckter Form vor Weihnachten und ist ab Mitte Dezember mit vielen zusätzlichen Informationen und Bildern im Internet unter www.be.ch/fachwerk zu finden.


