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Denkmalpflegepreis 2022: Emmentaler Original

Die Eigentümer eines alten Käsespeichers in Eggiwil haben dessen Qualitäten wieder hervorgeholt und ein Stück Emmentaler Alpkultur bewahrt. Glanzstück der Restaurierung ist das Schindeldach aus dem eigenen Wald. Für ihren grossen Einsatz werden Klaus und Barbara Salzmann mit dem Denkmalpflegepreis des Kantons Bern ausgezeichnet.

Der stattliche Bauernhof der Familie Salzmann liegt am Fuss des Schallenbergpasses im oberen Emmental. Man würde hier kaum eine ehemalige Alp vermuten, wäre nicht neben den grossen Stallgebäuden das helle Schindeldach des frisch restaurierten Käsespeichers zu sehen. Er ist der letzte Zeuge der ehemaligen Alpsiedlung mit Sennhütte, Stall und Speicher auf der Oberen Knubelhütte.

Gespeicherte Geschichte – Ideenspeicher

Die Instandsetzung eines anderen Käsespeichers am Schallenberg motivierte Salzmanns, ihr Gebäude ebenfalls zu restaurieren. Dieses aussergewöhnliche Engagement würdigt der Denkmalpflegepreis – häufig gehen wertvolle Nebengebäude verloren, weil sie nicht mehr wie früher genutzt und nicht mehr unterhalten werden. Im Speicherraum wurden ursprünglich die Käselaibe gelagert und gepflegt. In die Wände eingeritzte und eingebrannte Initialen geben einen Eindruck davon, wie viele Menschen hier gearbeitet und in der Dachkammer auch übernachtet haben. Während mehr als 100 Jahren diente der Speicher danach als Abstellkammer. Geräumt und gereinigt überrascht der Raum mit einer erstaunlichen Grösse. Nach der Restaurierung liegt der besondere Reiz des Gebäudes in seiner Einfachheit und darin, dass er die Geschichte des Ortes lesbar macht. Wo früher Käseleibe reiften, nehmen nun Barbara Salzmanns Ideen Form an.

Teamarbeit und Handwerkskunst

Bei der Restaurierung wurden zunächst der Schwellenkranz und der Boden ausgewechselt. Für die Bauarbeiten mobilisierte die Bauherrschaft eine Schar Helfer. Sie suchte spezialisierte Handwerker, liess Fenster nachbauen und Beschläge flicken, bis alles wieder funktionierte und passte. Bei der Sanierung des Dachs entschied sich die Eigentümerschaft, dieses nicht mit Eternit, sondern wie ursprünglich mit Holzschindeln zu decken – mit Holz aus dem eigenen Wald. Hergestellt wurden die Schindeln auf dem benachbarten Landwirtschaftsbetrieb. Naturmaterialien werden heute wieder wertgeschätzt, nicht nur für historische Bauten. Mit dem Schindeldach gehört der Käsespeicher zu einem der wenigen, die ganz in ihren ursprünglichen Zustand zurückgeführt wurden.

Spezialpreis 2022: Wertschätzung der Architektur von Jeanne Bueche in Corgémont

Anders als der Hauptpreis, der an die Bauherrschaft eines Baudenkmals mit Alltagsnutzung vergeben wird, richtet der Spezialpreis der Fachkommission für Denkmalpflege das Augenmerk generell auf die beispielhafte Restaurierung eines bedeutsamen Baudenkmals. 2022 geht die Auszeichnung an die Römisch-katholische Kirchgemeinde des Vallon de Saint-Imier für ihre respektvolle Haltung gegenüber dem Werk von Jeanne Bueche bei der Restaurierung der Kirche Saint-Nicolas de Flüe in Corgémont und bei der Neugestaltung des Kirchenraums. Saint-Nicolas de Flüe entstand 1959 nach den Plänen der Architektin Jeanne Bueche und ist ein äusserst qualitätvolles Beispiel für die religiöse Architektur der 1950er Jahre.

Ein stimmungsvoller Kirchenraum

2018 nahm die Kirchgemeinde die Restaurierung und Neugestaltung der Kirche in Angriff und betraute mit der Ausführung die Architektin Christine Rais El Mimouni. Dank ihres respektvollen Vorgehens hat der Kirchenraum seine ursprüngliche Wirkung behalten: Roter Backstein, eine Holzdecke und gestrichener Beton sind die prägenden Komponenten des schlicht gestalteten Innenraums. Durch die Reorganisation des liturgischen Mobiliars entstand im Chor neue Dynamik: Die Architektin entwarf einen neuen Altar, Ambo und Tabernakel wurden neu positioniert. Diese zurückhaltend und sensibel umgesetzten Massnahmen verstärken die Qualitäten des stimmungsvollen Kirchenraums.

Sorgfältige Restaurierung

Insbesondere die von geometrischen Glaselementen durchbrochene Nordwand des Chors entsprach den heutigen Standards bezüglich Schall- und Energieschutz nicht mehr. Indem man das äussere Glas durch ein neues Isolierglas ersetzte, konnte man die inneren Glasplatten erhalten und gleichzeitig den Schall- und Energiekomfort erhöhen. Die energetischen Eingriffe an der Nordwand sind beispielhaft.

Preisverleihungen im kleinen Rahmen

Die Übergabe der Urkunden findet in Eggiwil und in Corgémont in kleinem Rahmen für geladene Gäste direkt vor Ort statt. Die preisgekrönten Objekte können jedoch besichtigt werden: In Eggiwil findet am Samstag, 21. Mai 2022 ein Schindelmacher-Workshop beim Käsespeicher statt, in Corgémont steht ab 9. Juni 2022 eine Führung per App unter dem Titel «Drei Frauen» bereit.

FÜR ALLE

Eggiwil: Workshop – Herstellung von Schindeln am Samstag 21. Mai 2022, 14–16 Uhr
Die Schindelmacher Hans und Roland Salzmann bieten Einblick in das kunstvolle Handwerk. Freie Besichtigung des Speichers und Premiere eines Kurzfilms über seine Restaurierung.
Anmeldung bis zum 13. Mai 2022 an +41 31 633 40 30, denkmalpflege@be.ch.

Corgémont: Führung per App – Drei Frauen, ab Donnerstag, 9. Juni 2022
Mit einer interaktiven Führung per App lernen wir drei Frauen kennen, die das Dorf Corgémont geprägt haben: Im 18. Jahrhundert Isabelle Morel de Gélieu, Ende des 19. Jahrhunderts Julie Ryff-Kromer und um 1950 Jeanne Bueche.

Der restaurierte Käsespeicher mit neuem Schindeldach ist ein Highlight lokaler Handwerkskunst. La restauration de ce grenier à fromage avec son nouveau toit de tavillons en a fait un joyau d’artisanat local. Foto/photo: Dominique Plüss
Die Kirche Saint Nicolas de Flüe ist ein hochwertiges Beispiel für die religiöse Architektur der 1950er-Jahre. L’église Saint-Nicolas de Flue est un exemple de qualité de l’architecture religieuse des années 1950. Foto/ photo: Alexander Arregui Leszcynska
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