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MOVE – Wissenschaftliche Auswertung der Pfahlbaufundstellen in Sutz-Lattrigen

Die Universität Bern hat im Herbst 2021 das Projekt MOVE (Mobility, Vulnerability and Resilience of Middle European Neolithic Societies at the end of the 4th millenium BC) gestartet. Dieses Forschungsprojekt wird in Zusammenarbeit mit dem Archäologischen Dienst des Kantons Bern durchgeführt und vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützt. Es befasst sich mit den Unterbrüchen und Kontinuitäten von Seeufersiedlungen, gesellschaftlichen Veränderungen und räumlicher Mobilität als Indikatoren von Resilienz der Bevölkerungsgruppen am Ende des 4. Jahrtausends v. Chr.

Im Rahmen des Projekts MOVE (Universität Bern, Institut für Archäologische Wissenschaften, Prof. Albert Hafner) werden in Zusammenarbeit mit dem Archäologischen Dienst drei Fundstellen am Ufer des Bielersees in Sutz-Lattringen (Neue Station, Hauptstation aussen und Kleine Station) in einer interdisziplinären Studie untersucht. Die Fundstellen sind dank der Dendrochronologie genau zwischen 3400 und 2700 v. Chr. datiert und entsprechen in typologisch-chronologischer Hinsicht den Kulturen «Port-Conty/Horgen occidental» (3400–2900 v. Chr.) und «Lüscherz/Auvernier Cordé» (2900–2700 v. Chr.). Die Dendrochronologie ermöglicht es auch, Besiedlungsunterbrüche eindeutig zu datieren, wie etwa in Sutz-Lattrigen, Neue Station (Abb. 1). Die Entwicklung der Siedlung sowie eine Horizontalstratigrafie können dank der datierten Pfähle rekonstruiert werden: Die ältesten Dörfer («Horgen») befinden sich in der Mitte der untersuchten Zone und verschieben sich im Lauf der Jahrhunderte gegen Osten; die jüngsten Dörfer («Lüscherz») befinden sich weiter im Westen.

Das archäologische Fundmaterial kann folglich nach Besiedlungsphasen unterteilt werden, wodurch diese unabhängig voneinander untersucht, aber auch untereinander verglichen werden können, um Ähnlichkeiten und Unterschiede herauszufiltern. Die Keramik ist besonders gut geeignet für die Erforschung chronologischer und regionaler Entwicklungen (Abb. 2) und kann uns Hinweise geben über Veränderungen in Bezug auf Techniken oder soziale Beziehungen der Bevölkerungsgruppen während der untersuchten Zeitspanne. Insbesondere lassen sich nach dem langen Besiedlungsunterbruch zwischen der Horgener und der Lüscherzer Kultur typologische Veränderungen beobachten. Die stilistischen Unterschiede der Keramik in Bezug auf Form und Dekor sind augenfällig (Abb. 3).

Aber gibt es auch Veränderungen in technischer Hinsicht? Sind die Herstellungsweisen völlig verschieden? Wie sieht es in anderen Produktionsbereichen aus? Haben sich die Bedingungen in Bezug auf die gesellschaftlichen Beziehungen und die Mobilität ebenfalls verändert? Wie äussert sich die Resilienz dieser Bevölkerungsgruppen in diesen Veränderungen? Diese und andere Fragen soll das laufende Projekt MOVE beantworten.

Vorläufiger Plan der Pfähle von Sutz-Lattrigen, Neue Station. Die Besiedlungsphasen sind genau datiert und auf dem Plan gut sichtbar. Die Datierungen sind pro Phase angegeben. © Archäologischer Dienst Kanton Bern, Matthias Bolliger, Delphine Schiess
Auswertung von Horgener und Lüscherzer Keramik. Céramiques des sites de Horgen et de Lüscherz en cours d’étude© Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Laure Prétôt
Vergleich zwischen zwei Keramikgefässen aus Sutz-Lattrigen. © Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Marcel Stadelmann (links) und Christine Rungger (rechts).

Vergleich zwischen zwei Keramikgefässen aus Sutz-Lattrigen. Links: Topf vom Typ Horgen (um 3200/3100 v. Chr.); rechts: Topf vom Typ Lüscherz (um 2800 v. Chr.). Wie aus der technischen Zeichnung hervorgeht, weist der ältere Topf eine gerade und sehr dicke Gefässwand mit einem flachen Boden und einer Kannelüre unter dem Rand auf. Das jüngere Gefäss hat eine S-förmige Wand, einen Rundboden und ein Dekor aus aufgesetzten Pastillen. © Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Marcel Stadelmann (links) und Christine Rungger (rechts).

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