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Schloss Fraubrunnen

Fraubrunnen wurde durch sein Frauenkloster besonders bekannt. Die einst klösterlichen Bauten samt Mühle und Gasthäusern prägen den Ortskern bis heute. Der in grossen Teilen noch erhaltene Dachstuhl über dem Südflügel der Klosteranlage gehört zu den eindrucksvollsten seiner Art im Kanton Bern.

Schloss Fraubrunnen auf einem Gemälde um 1740 oder 1770, gemalt von Johann Grimm oder Johann Ludwig Aberli (Abbildung: Rittersaalverein, Museum Schloss Burgdorf).

Fraubrunnen lässt sich trotz einiger alter Bauernhäuser nicht als typisches Dorf mit altem Kern bezeichnen. Eine Mühle stand hier bereits im frühen 13. Jahrhundert, ideal gelegen an einem Ort, wo sich eine wichtige Strasse mit einem gewerblich nutzbaren Gewässer kreuzt. Hier ist dies der Bach Urtenen. Unmittelbar neben der Mühle stifteten 1246 die Kyburger Grafen als Grundbesitzer ein Zisterzienserinnenkloster. Zum einen in der üblichen Hoffnung auf Sündenerlass, zum anderen aber auch, um nahe ihres Herrschaftszentrums Burgdorf, das sich im Aufbau befand, allenfalls umstrittene Territorien zu «neutralisieren», damit diese nicht von konkurrierenden Adelsgeschlechtern in Besitz genommen werden konnten. Wie alle Zisterzienserinnenklöster wurde die Abtei der Jungfrau Maria geweiht und erhielt den Namen «fons beatae Mariae», also «Brunnen der seligen Maria», was auf eine nahegelegene gefasste Wasserstelle hindeutet. Die Bezeichnung wurde dann bald mit «Fraubrunnen» übersetzt und gab seither dem Kloster und dem Ort den Namen.

Für den Band «Das ehemalige Amt Fraubrunnen» der Reihe «Die Kunstdenkmäler der Schweiz» wird die Baugeschichte von Schloss Fraubrunnen zurzeit aufgearbeitet. Erste Erkenntnisse der bewegten Baugeschichte des Schlosses wurden in der Zeitschrift «Heimat heute» im Rahmen eines Spaziergangs durch Fraubrunnen publiziert.

  • Spaziergang durch Fraubrunnen in «heimat heute 2023», Berner Heimatschutz

Mittelalterlicher Dachstuhl von 1440

Die Klosterkirche und die drei daran anschliessenden Konventflügel mussten bereits in mittelalterlicher Zeit mehrfach um- oder neugebaut werden, zunächst nach einem Brand 1280 und nach dem «Guglerkrieg» 1375. Der in grossen Teilen erhaltene, eindrucksvolle Dachstuhl über dem Südflügel stammt von 1440. Dies ist seit einer kürzlich erfolgten dendrochronologischen Datierung bekannt. Er gehört in die Reihe der wenigen grossen Dachstühle, die aus dieser Zeit erhalten sind, wie etwa jene der Französischen Kirche und des Rathauses in Bern oder der Schlösser Burgdorf und Thun.

Vom Kloster zur Landvogtei

Nach der Reformation 1528 wurde das Kloster aufgehoben. Dies zog kurz darauf den Abbruch mehrerer überflüssig gewordener Gebäudeteile nach sich, insbesondere des Ostflügels des Konvents und der gotischen Klosterkirche. Im grossen «Klosterhof» südlich der Umfassungsmauer findet sich heute nur noch eine L-förmige Anlage. Sie besteht aus dem Südflügel und dem Westflügel der einstigen Konventbauten, die den Kreuzgang rahmten. Das Baumaterial aus dem Abbruch wurde wiederverwendet, in erster Linie wohl für die heute noch bestehende Ummauerung des weitläufigen Klosterbezirks.

Im Südflügel richtete die Stadt Bern nach der Reformation eine Landvogtei ein, in Teilen des Westflügels das Kornhaus. Auch die ehemalige Klostermühle und die Klostertaverne gehörten nach der Reformation zunächst der Stadt Bern. Auch nach den politischen Umwälzungen um 1800 blieb Fraubrunnen Hauptort einer ländlichen Verwaltungsregion und wurde zum Sitz des gleichnamigen Amtsbezirks. Im Rahmen der Verwaltungsreform 2010 wurde das Regierungsstatthalteramt Fraubrunnen aufgehoben. Seither werden die Räume im Schloss als Büros und Sitzungszimmer genutzt, u. a. für die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB).

Neue Hoffronten und Platz für die Kornlagerung im 16. Jahrhundert

Die beiden erhaltenen Gebäudeflügel des einstigen Klosters wurden seit der Reformation in mehreren Schritten umgebaut. Um 1570 stockte man die Wände des Kreuzgangs zu Hoffronten auf. Im Erd- und Obergeschoss entstanden dadurch geschlossene Korridore, von denen neue Sandsteintürgewände zu den dahinterliegenden Räumen führten. In den oberen Teilen des Westflügels war das amtliche Kornhaus untergebracht. Weil die Landvogtei Fraubrunnen als «Kornkammer» der Region sehr einträglich war, reichte diese beachtliche Lagerkapazität in den besten Jahren nicht aus, was die beiden um 1700 erstellten Holzspeicher vor dem Schloss eindrucksvoll bezeugen.

Umgestaltung in der Barockzeit

Um 1730 gestaltete man im Rahmen notwendiger Reparaturen die Fassaden des Südflügels und der Hofseiten neu. Eine weitere gestalterische Aufwertung erfolgte um 1770, als Werkmeister Niklaus Sprüngli (1725–1802) an der Hofseite einen zweiarmigen Treppenaufgang mit Türmchen erbaute. Der «Eingangsperron» erinnert an das Rathaus und Barockbauten der Stadt Bern und unterstreicht so die Bedeutung des landvogteilichen Schlosses. 

Die fast 60 Meter lange Gartenfassade auf der Südseite weist links und rechts zwei unterschiedlich alte Ründifronten auf. Davor lag einst ein Park mit mehreren Springbrunnen, Alleen und Buchsbaumhecken. Der weitläufige Bereich lädt nach wie vor zur Erholung ein. 

Restaurierung in den 1970er Jahren

An der Westfront der Anlage befand sich wohl einst die Klosterpforte. Noch heute liegt hier der Hauptzugang ins Gebäude. In den Obergeschossen des Westflügels waren bis zur Gebäuderestaurierung in den 1970er Jahren unter anderem Wohnbereiche und ein Gefängnis untergebracht. Anlässlich dieser Restaurierung wurde die einstige Kornhausbefensterung wiederhergestellt. Auch die hohe Nordfront, die mit ihrem Giebel der Hauptstrasse zugewandt ist, wurde restauriert und zeigt wieder das im Ancien Régime für Amtsgebäude übliche Bernerwappen.

Stempelbacksteine – eine grosse Besonderheit

An verschiedenen Fassaden fallen im weissen Putz da und dort kleine Backsteinpartien auf – vorwiegend kleine Spitzbogenfenster mit Gewänden, deren grosse Backstein-Formsteine mit eingestempelten Reliefs verziert sind. Sie stammen wohl aus einer Bauphase nach dem Brand um 1280. Beim Wiederaufbau verwendete man sogenannte Stempelbacksteine, wie sie vermutlich im bekannten Zisterzienserkloster St. Urban entwickelt worden waren. Zwar wurden die Motive für die Stempelreliefs generell aus dem Vorrat in St. Urban übernommen. Untersuchungen im gebrannten Lehm weisen jedoch darauf hin, dass in Fraubrunnen eine eigene Werkstätte betrieben wurde. Einige Steine, vor allem Bodenplatten, sind seit den 1970er Jahren auch in den Korridoren als Fenstergesimse verbaut.

  • Die beiden Ründifronten der Südfassade des Schlosses bezeichnen die Wohnbereiche (Foto: Denkmalpflege des Kantons Bern, Matthias Walter).
  • «Eingangsperron», 1770 unter Niklaus Sprüngli erbaut (Foto: Denkmalpflege des Kantons Bern, Matthias Walter).
  • Der einstige «Klosterhof », eingefasst von den beiden übrig gebliebenen Konventflügeln des Frauenklosters (Foto: Iris Krebs).
  • In grossen Teilen erhaltener Dachstuhl von 1440 über dem Südflügel von Schloss Fraubrunnen (Foto: Dominique Plüss).
  • Spitzbogige Fenstergewände aus Backstein mit Stempelrelief, wie sie für die Tradition aus St. Urban charakteristisch waren (Foto: Denkmalpflege des Kantons Bern, Matthias Walter).

Die Kunstdenkmäler der Schweiz

Der Text basiert auf dem noch nicht veröffentlichten Manuskript des Autors Matthias Walter für den Band «Das ehemalige Amt Fraubrunnen» der Reihe «Die Kunstdenkmäler der Schweiz. Kanton Bern», herausgegeben von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte (GSK). Das Buch erscheint voraussichtlich 2028.

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