Im Vorfeld eines Neubaus im Dorfkern von Jegenstorf führte der Archäologische Dienst des Kantons Bern im Frühjahr 2024 eine zweimonatige Grabung durch. Dabei kamen Reste aus der über tausendjährigen Vergangenheit von Jegenstorf zum Vorschein. Funde aus Jegenstorf und weiteren mittelalterlichen Dörfern sind seit dem 29. Oktober 2024 in der Ausstellung «Archäologie aktuell» im Bernischen Historischen Museum zu sehen.
Mitten in Jegenstorf stand neben der Dorfbäckerei ein Zelt. Darin nahmen Mitarbeitende des Archäologischen Dienstes des Kantons Bern Grabungen vor und sind dabei auf zahlreiche Gruben gestossen. Von diesen Resten der früh- und hochmittelalterlichen Siedlung wurden bereits 2006 bis 2010 im Radius von etwa 100 m Teile entdeckt und erforscht. Der geplante Neubau auf einer bisher als Parkplatz genutzten Fläche führte nun dazu, dass dieser dritte und neueste Teil aus der Frühzeit des Dorfes gefunden werden konnte.
Die freigelegten Gruben hatten unterschiedliche Funktionen. Die grösseren sind als in den Boden eingetiefte Werkhütten zu deuten. Auf der nun untersuchten Fläche von 300 m2 fanden sich zwei vollständige sowie Reste von zwei weiteren solcher Hütten. In diesen Kleinbauten standen häufig Webstühle, denn die Erdfeuchte bot optimale Bedingungen für die Verarbeitung der Flachsfasern, also für die Leinenweberei. Daneben gibt es weitere Gruben, deren Funktion noch ungeklärt ist – es könnten Abfall- oder Werkgruben sein. Überraschenderweise befanden sich vier Gräber unter den Gruben.
Ausserdem kamen viele Pfostengruben zum Vorschein. Das sind Überreste von Wohn-, Werk- und Stallgebäuden aus Holz, deren tragende Konstruktionselemente Pfosten waren. Diese hat man für die Stabilität der Gebäude tief im Boden verankert. Die Entwicklung des Dorfes, veränderte Besitzverhältnisse oder einfach der direkte Erdkontakt, welcher die Holzpfosten verfaulen liess, führten zu Neubauten. Nach dem Entfernen des Bauholzes wurden die Pfostengruben aufgefüllt, und diese Auffüllung ist bis heute noch auf der Ausgrabung sichtbar. Die Nutzung dieser Flächen im Laufe der Jahrhunderte führte dazu, dass alle Reste von Böden und Feuerstellen verschwanden. Nur tief eingegrabene Bereiche und zufällig in die Gruben gelangte Funde überdauerten die Zeiten.
Das Früh- und Hochmittelalter war nicht von Überfluss geprägt. Alles, was gebraucht werden konnte, wurde lange gepflegt und nötigenfalls repariert. Fundstücke aus organischem Material wie Holz, Geflecht, Leder oder Textil sind längst im Boden vergangen. Aber auch Gefässe aus Keramik, welche sich gut im Boden erhalten, sind auf wenige Bruchstücke reduziert. Es ist zu vermuten, dass nur wenige Gefässe aus Keramik verwendet wurden oder deren Abfälle auf eine Art entsorgt wurden, die sie für die Archäologie unauffindbar macht.


