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Laufende taucharchäologische Untersuchungen bei Sutz-Lattrigen schliessen Lücke in steinzeitlicher Siedlungsgeschichte

Anlässlich eines Forschungsprojektes (2021–2024) zu steinzeitlichen Siedlungsgemeinschaften im ausgehenden 4. Jahrtausend v. Chr. führt die Tauchequipe des Archäologischen Dienstes des Kantons Bern an der Fundstelle Sutz-Lattrigen, Neue Station eine kleinräumige Rettungsgrabung durch.

Die Fundstelle Sutz-Lattrigen, Neue Station ist seit dem frühen 20. Jahrhundert bekannt. Damals wurden am Seegrund zahlreiche Pfähle freigespült. Erste Sondierungen um 1940 und Bohrungen des Archäologischen Dienstes 1985 zeigten gut erhaltene Siedlungsreste (Kulturschichten) im landseitigen Bereich unter dem aufgeschütteten Ufer. Die Siedlungsteile im Flachwasserbereich waren hingegen schon 1985 weitgehend erodiert.

Im Vorfeld von Renaturierungen wurden zwischen 2007 und 2009 grosse Teile des erodierten Pfahlfeldes ausgegraben. Auf zwei Flächen wurden knapp 6000 m2 taucharchäologisch dokumentiert und dabei 2961 Hölzer und zahlreiche Funde geborgen. Die Reste stammen von verschiedenen Siedlungen, welche zwischen 3391 und 2725 v. Chr. an diesem Uferabschnitt gebaut und bewohnt worden waren.

Die Reste dieser während mehr als 500 Jahren angelegten Siedlungen können im Forschungsprojekt «MOVE: Mobility, Vulnerability and Resilience of Middle European Neolithic Societies at the end of the 4th millenium BC» endlich vollständig ausgewertet werden. Das Projekt wird vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützt und vom Institut für Archäologische Wissenschaften der Universität Bern (Prof. Dr. Albert Hafner) in Kooperation mit dem Archäologischen Dienst und anderen Partnern 2021–2024 durchführt.

Anhand dendrochronologisch analysierter Pfähle können verschiedene Hausgrundrisse rekonstruiert und aus diesen die nacheinander errichteten Dörfer nachgezeichnet werden. Als eine Schlüsselstelle zum Verständnis der Siedlungsentwicklungen stellt sich dabei der nicht ausgegrabene Bereich zwischen den zwei Grabungsarealen von 2007–2009 heraus. Daher führt die Tauchequipe des Archäologischen Dienstes über die Sommermonate 2022 in dieser Zone eine kleinräumige Rettungsgrabung durch. Dazu dokumentiert sie unter Wasser die freigelegten Siedlungsreste fotografisch, misst sie ein und birgt Holzproben und Funde. Die Erkenntnisse aus diesem Grabungsbereich fliessen direkt in die laufenden Auswertungen des MOVE-Projekts ein und schliessen eine Lücke bei der Rekonstruktion der Siedlungsgeschichte.
 

© Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Andreas Zwahlen

Sutz-Lattrigen, Neue Station. Pfahlplan der Fundstelle der 2007–2009 ausgegrabenen Fläche und Lage der aktuellen Grabungsfläche. Anhand der Pfähle lassen sich verschiedene, teils von Palisaden umgebene Siedlungen vermuten. Schwarz: Pfähle aus Eichen; farbig: Pfähle aus anderen Holzarten. 

© Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Daniel Steffen

Blick auf die Fundstelle Sutz-Lattrigen, Neue Station. Im Vordergrund sind das schwimmenden Büro der Tauchequipe mit der Infrastruktur (Stromgenerator), im Hintergrund das Einstiegspodest und ein Taucher sichtbar. 

Aktuelle Taucharbeiten in Sutz-Lattrigen, Neue Station. Dokumentation der Hauskonstruktionen unter Wasser. Travaux de plongée actuels. Documentation subaquatique des constructions de maisons. © Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Urs Messerli
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