Stellen Sie sich vor: Sie sind dreissig, aber haben das Wissen einer Hundertjährigen. Sie bewegen sich höchst gelenkig, denn Sie beschäftigen sich seit je mit Kreativität und Innovation. Zudem verfügen Sie über die Denkkraft von einem guten Dutzend kompetenter Köpfe. Diese geballte Ladung ist in eine schlanke Struktur verpackt und hat ein klares Ziel: Das Designschaffen im Kanton Bern zu fördern, dem Publikum zu vermitteln und mit einer gezielten Sammlungstätigkeit das Beste von gestern und heute für morgen zu sichern.
Willkommen bei der Berner Design Stiftung! Sie feiert heuer ihren 30. Geburtstag. Im Auftrag des Kantons Bern setzt sie so eigenständig wie erfolgreich die Aufgabe um, Berner Design zu fördern. Sie tut es, indem sie professionelle Designschaffende und ihre Entwicklungen mit vergleichsweise kleinen Impulsbeiträgen unterstützt – damit Kreation ihre Form und die Idee ihren Markt finden kann.
Genau dort, wo die Stiftung bis zum 27. April mit ihrer Jahresausstellung «Bestform» eine Auswahl von aktuell gefördertem und ausgezeichnetem Berner Design präsentiert, begann vor gut 100 Jahren die kantonale Liaison mit der «guten Form». Damals schuf der Kanton, aufbauend auf einer Mustersammlung von Gewerbe, Industrie und Handwerk, im Berner Kornhaus das «Gewerbemuseum Bern».
Auch heute noch äufnet die Berner Design Stiftung, die 1995 die zuständige Förderkommission des Amts für Kultur abgelöst hat, die Sammlung jährlich mit einigen Ankäufen. Damit dokumentiert sie nicht nur Berner Kreativität. Sondern auch den sich wandelnden Umgang mit Material, Ressourcen und gesellschaftlichen Fragen.
Denn gerade hier zeigt sich das Potential, wenn kreative Recherche und Innovationsfähigkeit gezielt gefördert werden: Die Hocker, die die Langenthaler Produktdesignerin Ramona Hess aus Abfällen («leftovers») von holzverarbeitenden Betrieben produziert, erweitern die Palette für nachhaltiges Konsumieren. Gleiches gelingt Joël Hügli mit seiner Matratzen-Innovation: Gegenwärtig werden in der Schweiz pro Jahr eine Million Matratzen als Abfall verbrannt. Es ist Zeit, dieser Tatsache mit einer kreislauffähigen Alternative zu begegnen.
Zwar meinen wir im Alltag mit «Design» häufig schlicht «Schönes» – das sogar noch eine Funktion hat. Im Kontext der ökologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts hat sich das Aufgabenfeld von Design aber stark ausgeweitet. «Social Design» hat gar unser ganzes Zusammenleben im Blick und forscht beispielsweise nach der guten Raumgestaltung im Gesundheitswesen, um medizinische Abläufe, Kosteneffizienz und Wohlbefinden bestmöglich zusammenzubringen.
Es war klug, dass sich der Kanton Bern vor 30 Jahren mit der Berner Design Stiftung eine schlanke Institution geschaffen hat, die – mithilfe von viel ehrenamtlich eingebrachter Expertise – Zukunftweisendes bewegen kann. Die Wirkung davon lässt sich nicht nur in der aktuellen «Bestform», sondern auch im Jubiläums-Programm der Stiftung facettenreich erleben.
Sibylle Birrer, Vorsteherin Amt für Kultur des Kantons Bern