Die prachtvolle Villa mit Kutschenhaus in Köniz-Wabern wird derzeit mit Begleitung der Denkmalpflege saniert. Später soll neues Leben Einzug halten und das Morillon vielfältig genutzt werden. In einem neuen Video schauen wir dem Bauforscher über die Schulter.
«Ein Haus ist wie eine Wunderkiste», sagt der Bauforscher Alexander Kobe. Wenn er in ein Haus geht, sieht er immer wieder Neues, das er noch nicht kennt. Erst recht, wenn er im prachtvollen Morillon in Köniz-Wabern unterwegs ist. Die Villa mit Kutschenhaus wird derzeit mit Begleitung der Denkmalpflege saniert. Später soll neues Leben Einzug halten und das Morillon vielfältig genutzt werden. Bis es aber so weit ist, beschäftigen den Bauforscher und andere Fachleute eine Vielzahl von Fragen: Wie sah die originale Farbfassung im Treppenhaus der Villa aus? Wie kann der aussergewöhnliche klassizistische Dachstuhl im Kutschenhaus erhalten bleiben ohne dass die Statik darunter leidet? Kann eine Photovoltaik-Anlage auf dem Kutschenhaus installiert werden? Ist eine Frage einmal beantwortet, tauchen gleich zwei neue auf, sagt Alexander Kobe. Auch deshalb liebt er es, in «Wunderkisten» unterwegs zu sein.
Ein klassizistische Villa im palladianischen Stil
Die Villa wurde zwischen 1830 und 1832 vom Architekten Friedrich Ludwig Osterrieth – Sohn des bekannteren Johann Daniel Osterrieth – für Friedrich Ludwig von Wattenwyl erbaut. Dessen Frau Alette Sophie Rosina von Frisching hatte den 1736 erstellten Vorgängerbau von ihrem Vater Johann Rudolf von Frisching, Herrschaftsherr von Rümligen, übernommen. Der kreuzförmige Zentralbau hat die Renaissance-Villen Andrea Palladios zum Vorbild, er zählt zu den bedeutendsten palladianischen Villen des Klassizismus in der Schweiz. Das aktuelle Umbauprojekt sieht eine Umnutzung der bestehenden Wohnräume zur Büros sowie Veranstaltungs- und Kulturflächen vor. Der Bauforscher beschäftigte sich bereits vor Beginn der Restaurierungsarbeiten mit der Frage, wie die ursprüngliche Farbgestaltung im Innern und an den Fassaden ausgesehen hat. Quellenrecherchen und Sondagen der Restauratoren lassen Rückschlüsse zu, viele Befunde ergeben sich jedoch erst im Verlauf der Bauarbeiten. Alexander Kobe dokumentiert die neuen Erkenntnisse, so dass sie laufend in die Restaurierung des Gebäudes einfliessen.
Solaranlage auf dem Kutschenhausdach ist geplant
Eingebettet in einen englischen Park mit altem Baumbestand gehört zur Villa auch ein 1850 erbautes Stall- und Remisengebäude. Wo früher die Pferde und Kutschen, später die Automobile untergebracht waren, entstehen nun Büroräumlichkeiten. Bevor die Umbau- und Restaurierungsarbeiten starteten, befasste sich der Bauforscher mit der Baugeschichte und dem historischen Bestand des Kutschenhauses. Als Seltenheit erwies sich dabei der Bohlenbogendachstuhl, der den grosszügigen Heuraum überspannt. Es handelt sich um ein typisches Thema des Klassizismus: Die Konstruktion markiert den Beginn der Entwicklung vom traditionellen Zimmermannsholzbau hin zum modernen industriellen Bauen in Holz und Metall im 20. Jahrhundert. Wie bei der Villa sind auch beim Kutschenhaus die Bauarbeiten in vollem Gang. Das Gebäude wird für die neue Nutzung energetisch ertüchtigt, auf dem Dach ist eine Solaranlage geplant. Diese soll sorgfältig in die Dachhaut der südlichen Dachfläche integriert werden.
