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Unter einem Dach

Ein Freitagnachmittag im Oktober, der Himmel hängt tief über dem Seeland. Die Dorfstrasse ist leer. Im Centre Albert Anker herrscht hingegen reges Treiben: Eine Gruppe startet ihren geführten Rundgang. In der Dauerausstellung verweilen Besucherinnen und Besucher an Medienstationen. Und im ehemaligen Stall, unter dem alten Futterbarren, steht für Hungrige der Kuchen zum Kaffee bereit.

Seit gut vier Monaten ist das Centre Albert Anker fürs Publikum geöffnet. Im einstigen Wohnhaus des Künstlers, Politikers, Kosmopoliten und à-fonds-Inser findet sich nicht nur – als hätte er eben erst den Pinsel abgelegt – Ankers Atelier. Vielmehr vermittelt auch eine Ausstellung dessen Schaffen im Kontext der Umbruchszeit des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Die vordergründige Sanftmut von Ankers Werk erhält in diesem Licht eine neue Tiefe.

Im Kommen und Gehen des Publikums überlege ich mir, was mich an diesem Ensemble, bei dem ein moderner Kunstpavillon das historische Gebäude ergänzt, so berührt. Es ist als erstes die konsequente, unaufgeregte – und dadurch ästhetisch bestechende – Sorgfalt, mit der sich im geschützten Baudenkmal das Historische mit dem Gegenwärtigen verschränkt. Räume wirken auf Menschen.

Es ist als zweites die ebenso konsequente, sorgfältige Gastlichkeit, mit der sich die Kulturinstitution dem Publikum zuwendet: Im Centre Albert Anker dreht sich alles ums Vermitteln und Teilen – durch Raum, Objekte, Kunst und Kontext. Als Besucherin fühle ich mich willkommen.

Und es ist als Drittes die beruhigende Erkenntnis: Durch das Zusammenspiel von allen Beteiligten – Privaten, öffentlicher Hand, kompetenten Menschen aus vielerlei Fachgebieten – kann für die Region, für den Kanton und weit darüber hinaus nachhaltig Neues entstehen. Auch in finanziell harzigen Zeiten.

Und da wäre noch ein Viertes. Aber das gehört zu den Interna. Ich schaue links, ich schaue rechts – und da gerade niemand in der Nähe ist, drehe ich mich auf dem Absatz einmal im Kreis und sage laut «le voilà!»: Im Centre Albert Anker findet sich unter einem Dach, was Kulturförderung, Archäologie und Denkmalpflege zur kulturellen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft im Kanton Bern beitragen.

Den Betrieb des Centre Albert Anker unterstützt die kantonale Kulturförderung, zusammen mit den regionalen Finanzierungspartnern. Der Archäologischen Dienst hat sein Wissen zur Seeländer-Pfahlbauer-Hype des 19. Jahrhunderts eingebracht. Und die kantonale Denkmalpflege begleitete nicht nur den Weg des Baudenkmals in die Gegenwart, sondern lieferte auch ganz handfest, aus ihrem Lager historische Bauteile zum zeitgemässen «Re-Use»: Das sind zum Beispiel alte Türen, alte Schlösser. Aber es sind auch die historischen Biberschwanz-Ziegel, die das sichere Dach des Centres Albert Anker bilden. An diesem verregneten Nachmittag halten sie mich äusserlich und innerlich am Trockenen.

Sibylle Birrer, Vorsteherin Amt für Kultur des Kantons Bern

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