Eine Verbindung zwischen dem Seeländer Maler Albert Anker und der Archäologie liegt nicht gerade auf der Hand. Genau darin liegt aber mitunter der Reiz des neu gegründeten Centre Albert Anker in Ins, bei dessen inhaltlicher Konzeption der Archäologische Dienst des Kantons Bern beratend mitwirkte. Die Ausstellung vermittelt uns hinter dem bekannten Maler eine weltoffene und vielseitig interessierte Person, die sich auch archäologischen Themen widmete.
Beim Betreten der Nische «Archäologie» fällt der Blick unweigerlich auf das Bild «die Pfahlbauerin» («femme lacustre»). Mit diesem Gemälde, das Albert Anker 1873 schuf, traf er den Nerv der Zeit. Wenige Jahre zuvor entdeckt, waren die «Pfahlbauer» damals schweizweit äusserst populär. An vielen Schweizer Seen wurde nach den Schätzen der prähistorischen Vorfahren gegraben. Die Funde wurden auf Märkten feilgeboten oder an Sammler verkauft. Auch in Ankers Hinterlassenschaft finden sich einige «steinzeitliche» Objekte, die sich nach gründlicher Analyse durch den Archäologischen Dienst des Kantons Bern jedoch als Kopien herausstellten.
Das Gemälde der Pfahlbauerin dürfte Anker leicht gefallen sein. Es zeigt eine Frau mit schlafendem Kind im Schoss, die andächtig auf den See hinausblickt. Diese idyllische Szene aus dem Alltag einer ländlichen Bevölkerung passt bestens zu Ankers Motivrepertoire. Bei der Darstellung handelt sich aber nicht bloss um eine Projektion von Bekanntem auf die Bronzezeit. Denn der Schmuck der urgeschichtlichen Frau entspricht Originalfunden aus der späten Bronzezeit (um rund 1000 v. Chr.). Anker hat sich offenbar gründlich mit den Objekten auseinandergesetzt und kannte den Stand der damaligen archäologischen Forschung.
Im selben Jahr, in dem Anker die Pfahlbauerin malte, machte der deutsche Archäologe Heinrich Schliemann die Entdeckung Trojas bekannt. Die mögliche Lokalisierung der Stadt und der berühmten Schlacht aus Homers Epos in der heutigen Türkei sorgte weltweit für Begeisterung. Auch Anker liess die kulturgeschichtliche Sensation nicht unberührt. Er war im Besitz einer Ausgabe von Schliemanns Werk Ilios, Stadt und Land der Trojaner und kopierte die Karte der Ebene von Troja als Aquarell, wobei er kaum ein Detail unbeachtet liess.
Die Archäologie stand nicht im Zentrum von Albert Ankers Wirken. Der Umstand, dass er als Bürger von Ins die Entdeckung der Pfahlbauten im Berner Seeland hautnah miterlebte und sein breites Interesse erklären jedoch die verschiedenen Berührungspunkte zwischen Künstler und geisteswissenschaftlicher Disziplin.

